Die Brüder Shaka und Miguel Panduwinata wollten ihre Träume verwirklichen. Sie kamen mit ihrer Mutter aus Indonesien und bauten sich in den Niederlanden zielstrebig und mutig eine Zukunft auf. Nun sind sie tot. Ihre Mutter Samira Calehr und Großmutter Yasmine wollen das Gedenken an die Brüder bewahren.
AUFGEZEICHNET VON TONNY VAN DER MEE
Fast nichts hatten die beiden Brüder Shaka und Miguel Panduwinata, als sie vor vier Jahren zusammen mit ihrer Mutter Samira und ihrem Bruder Mika aus Indonesien in die Niederlande kamen. Allein mit ihrer Willenskraft arbeiteten sie sich nach oben.
Shaka konnte sechs Sprachen sprechen, er hatte sein Abitur an der Internationalen Schule in Almere bestanden. Als er im Juli mit seinem Bruder Miguel nach Indonesien fliegen wollte, hatte er gerade ein Studium der Bekleidungstechnik an der Saxion Hoch- schule in Enschede begonnen. In Indonesien wollte er einen Familienurlaub mit der Oma verbringen, die in den USA lebte. Sein Bruder Mika sollte am nächsten Tag folgen.
Shakas Mutter Samira erinnert sich an ihren Sohn: “Shaka hat dank harter Arbeit sein Abitur geschafft. Er hatte eine Leidenschaft für indonesische Stoffe, wollte neue Stoffe ent- wickeln. Einen Tag bevor er abreiste, bekam er die Nachricht von seinem Lehrer, dass er ruhig Ferien machen könne. Die Propädeutik habe er bestanden.”
Shaka konnte Mitstudenten motivieren, wenn sie aufgeben wollten. Er konnte kochen und tat es gerne für seine Freunde. “Das war sein Hobby.“ Ein freundlicher Junge. Dozen- ten überraschte er schonmal mit einem Blumenstrauß und Süßigkeiten.
Shaka wurde erwachsen, begann sein Leben zu ordnen, in den Griff zu kriegen. Er hatte viele Kilos abgenommen und einen privaten Neustart in den Niederlanden geschafft. Samira sagt: “Shaka war gesellig, gründlich und liebte es, mit anderen zu arbeiten.“
Shakas Bruder Miguel war eher ein Witzbold, ein umgänglicher Junge, der in der Schule beliebt war. Elf Jahre alt hatte er die Grundschule gerade hinter sich und freute sich auf seine neue Schule, die weiterführende, die internationale Schule von Amsterdam, die er nach den Sommerferien besuchen sollte.
Am Sonntag vor seiner Abreise war Miguel noch im Kartsport-Zentrum in Lelystad. Dort bekam er ein Diplom. Seine erste Auszeichnung, die ihm viel bedeutete. Mutter Samira sagt: “Er wollte später Rennfahrer in der Formel 1 werden. Das war sein Traum.“
Das Haus der Familie ist heute trostlos, eine Leere ist zu spüren, überall. Im Wohnzim- mer lachen die toten Brüder von Fotos. Sie sind fröhlich, voller Leben.
Samira lebt mit den Tränen, seit Monaten wie betäubt. Ihr erwachsener Sohn Shaka trank mit ihr morgens Kaffee, erledigte mit ihr die Einkäufe und quatschte, wenn es was zu quatschen gab. Ein Freund, ein Halt im Leben. Ihr kleiner Miguel war noch ein Junge, ein Kind. Samira sagt: “Die Freude am Leben ist mir genommen.“
Die Brüder wollten auf Bali Ferien machen mit der Großmutter, die in Texas, in Houston lebt und die über Singapur nach Indonesien reisen wollte. Sie sollten gleichzeitig mit der Oma ankommen. Der dritte Bruder Mika wollte mit einem Freund am nächsten Tag nachkommen.
Am 17. Juli 2014 verschickte Shaka seine letzten Botschaft über Twitter: „Off to Bali!“
Miguel machte die Reise zu schaffen, erinnert sich seine Mutter Samira. Er habe immer wieder gefragt, was passiert, falls er sterben sollte. Bei der Passkontrolle hatte er sich noch einmal umgedreht und war zu ihr gerannt, erinnert sich Samira, und sie fest umschlungen.
Er sagte: “Mama, ich habe Angst. Was wird passieren, wenn das Flugzeug abstürzt?“ Samira sagte: “Ich verspreche dir, alles geht in Ordnung.“
“Ich vermisse dich Mama.“
Nach der Kontrolle beruhigte Shaka seine Mutter mit einer Botschaft über Whatsapp.
“Mach dir keine Sorgen, Mama, ich kümmere mich um Miguel.“
Samira sagt, “diesen letzten, traurigen Blick in die dunklen Augen meines kleinen Miguel vergesse ich nie.“